Blog Archiv 2017 / von Andrea Schmölzer
Aufkranzt wird!
Für den Almabtrieb gibt’s viel vorzubereiten. Die Kriners zum Beispiel werkeln am Schmuck für ihre Rinder, die bald mit vielen anderen durch Krün laufen werden.
Vronis Hände wickeln geschickt Zweig um Zweig mit Blumendraht an ein längliches Holzgestell, ihre Tochter Franzi schnippelt und zupft blättrige Stängel in kleine Stücke. Mitten in der Stube stehen Biertische, darauf allerlei Grünzeug, zwei etwa ein Meter lange Latten mit Marienbild, Drahtspulen und Haarlack. Am Boden liegen „Dax’n“– also Fichtenzweige auf oberbayrisch –, sowie Säcke und Kisten mit Vogelbeeren, Blüten oder Disteln. Nachschub für die fleißigen Hände.
„Da schaut’s a bissal aus“, entschuldigt sich Hausherrin und Vronis Mutter, Anneliese Kriner und lächelt. Die warmherzige Ausstrahlung dieser Frau und ihr Lächeln hauen einen fast um. Sie, ihr Mann und die fünf Töchter sind eine der sieben Bauersfamilien, die den Krüner Almabtrieb festlich mitgestalten.
Seit vielen Jahren geht sie in die Natur hinaus, um Zweige, Blumen und Beeren zu sammeln, die sie dann zum traditionellen Kopf- oder Halsschmuck der Kühe verarbeitet. Wie sie dazu kam? „Mei, jeder Bauer is‘ gfragt worden, und mia ham halt mitg’macht“, erzählt Anneliese. Mittlerweile hat sie Kurse in „Klosterarbeiten“ belegt – das Ergebnis sind zum Beispiel die hübschen Marienbilder –, jede Menge Erfahrung sowie ihre Töchter und Enkelin herangeführt, die abwechselnd mitwerkeln.
Die Technik will geübt sein. „Man fängt oben an“, erklärt Bauer Hans Kriner und hält die „Krone“ fest, die Tochter Vroni schon fast völlig mit Grün umwickelt hat. „Das sieht aus wie Almrausch, ist aber Stampfer, der wächst so auf 1200 Metern. Im Gegensatz zu Almrosen hat er grüne Stängeln.“ Vogelbeeren und Disteln sind die Farbtupfer dazwischen, dank Haarlack sehen sie länger frisch aus. Normaler Weise hält der Bauer sich raus, doch diesmal gibt es eine kleine technische Herausforderung: Anneliese will leuchtend pinke Erika um das zweite Marienbild befestigen. „Am einfachsten wär’s mit Heißkleber, doch dann ist der Holzrahmen hin“, meint sie. Alle grübeln. Ihr Mann hat eine Idee: Vorsichtig nagelt er ein Stoffband auf den Rahmen, als Zwischenschicht quasi. Darauf können dann die Erika geklebt werden, ohne den Rahmen zu ruinieren. Problem gelöst.
12 junge der 30 Rinder des „Beernbauern“ durften diesen Sommer auf der Krüner Alm verbringen. Mit den Almrindern hat es St. Leonhard dieses Jahr gut gemeint. Der Schutzpatron von Vieh und Pferden ziert übrigens als Lüftlmalerei die Hausfassade des prächtigen jahrhundertealten Hofs im Krüner Ortszentrum. Unterm Dachfirst thront Mutter Maria, beides Werke des Mittenwalder Lüftlmalers Stephan Pfeffer.
Für die Krüner Bauern wird der Almabtrieb ein schöner, aber auch anstrengender Tag: „Wir stehen um fünfe auf, dann geht’s zuerst in den Stall zum Melken und die Kühe striegeln.“ Später wird die Familie geweckt, gefrühstückt, jeder macht sich fertig, und die langen Haare der Mädels werden zu Flechtkunstwerken. Um halb neun treffen sich dann alle zum Aufkranzen an der Isar . Die großen, einige Kilo schwere Kronen werden übrigens auf die erfahrenen „Ausgehkühe“ geschnallt, die jeden Tag spätnachmittags durch Krün in ihre Ställe zurücklaufen. Sie sind laut Anneliese ruhiger als das Jungvieh von der Alm und an die vielen Menschen am Straßenrand gewöhnt. Sobald alle Tiere aufgeputzt sind, zieht der Tross zur Ortsmitte Krüns, wo schon vor elf viele begeisterte Zuschauer warten. Gemeinsam geht’s zum Festplatz mit Bauernmarkt und Bierzelt. Wenn es um fünf dann wieder Melken heißt, feiern die meisten noch bei Plattlern und Musik.
Zum Dank gibt’s hoffentlich ein kräftiges „Prosit“ auf Anneliese und alle Krüner Bauernfamilien!