Blog Archiv 2018 - von Andrea Schmözer
Bei Max und Lydia in der Krüner Stub'n
Wer bei Lydia und Max in der Krüner Stub’n einkehrt, sollte sich Zeit nehmen. Für den Gastraum, den das junge Paar mit Herz und Grips neu gestaltet hat. Und natürlich für Max‘ Gerichte, der gern Bodenständiges neu variiert. Wie die Kürbis-Ravioli, die wir kochen und testen.
Der Krüner Kirchturm weist den Weg: Ab geht’s in Richtung Isar, an der Obama-Bank vor der Tourist-Info vorbei, den kleinen Berg hinunter, schon bin ich vor der Krüner Stub‘n. Max Schandl, groß und schlank, Bart, Hörbuch-taugliche kräftige Stimme und fester Händedruck, erwartet mich schon. Wir wollen plaudern und gemeinsam kochen. Kürbis-Ravioli mit Hirschrücken, als Testlauf quasi. – Ob das Gericht es auf die Winter-Speisekarte schaffen wird?
Warmes Herbstlicht
… scheint von den Südwestfenstern in die Gaststube, während wir uns zunächst einen Kaffee gönnen. Max‘ Frau Lydia Juraske mit dem kleinen Junior am Arm gesellt sich kurz darauf zu uns. Mit ihren hellen grünblauen Augen, Pferdeschwanz und den Grübchen wirkt sie sehr offen und sympathisch. Die Dresdnerin und der Mittenwalder hatten sich bei der Arbeit in Tirol kennengelernt. Erst langsam sei die Idee gereift, etwas Eigenes aufzumachen. Bis sich 2015 die Frage stellte: Das Haus hier – seit 25 Jahren in Familienbesitz, jedoch verpachtet – verkaufen oder lieber selber übernehmen? Da war dann plötzlich klar: Letzteres! – „Am Anfang hatten wir die rosarote Brille auf“ meint Lydia lachend. „Ne, im Ernst, das war doch viel mehr Arbeit als gedacht.“ Aber nach vielen Jahren als Angestellte träumten sie ja schließlich beide davon, ihre eigenen Herren zu sein.
Heiße Phase
Für den Traum hieß es, erst mal kräftig umbauen. „Wir wollten eine clevere Raumaufteilung, so dass man nicht Schoß auf Schoß sitzt“, erzählt Lydia. Davor hätte der Gastraum ja eher an eine „Bahnhofshalle“ erinnert mit seinen über 100 Sitzplätzen; Heute haben etwas mehr als die Hälfte Platz. Gut gelöst, denke ich: Vorne die Holzstube mit Stammtisch-Charakter und die großzügige Bar, dahinter Restaurant und Weinstube mit modernen Akzenten.
Der Materialmix aus Altholz, „sonnenverbranntem“ Holz, Stein und witzigen Details wie der Garderobe mit Ästen oder dem Seilzug an der Tür zu den Toiletten macht’s gemütlich. Die 123 Bierkrüge – ein Teil der Sammlung von Max‘ Vater – „stammen aus allen sieben Regierungsbezirken Bayerns, teils von Brauereien, die’s gar nimmer gibt.“ Der Eindruck täuscht übrigens: Max hat ein Faible für Weine aus Österreich, Deutschland oder Frankreich. Die Theke trägt vor allem Lydias Handschrift. „Ich wollte sie praktischer als an meinem letzten Arbeitsplatz mit viel Stauraum und Platz, damit man g’schmachig zu zweit oder dritt hier arbeiten kann“.
Wieder daheim
Nach einigen Verzögerungen wurde im Dezember 2016 eröffnet. Max managt die – ebenfalls nagelneue – Küche, Lydia den Service und die sechs Zimmer im ersten Stock. „Es hat zwar gedauert, aber wir sind nicht der Berliner Flughafen“, meint Max schmunzelnd. Der Mittenwalder ist ganz schön rumgekommen, seit er als 15-Jähriger wegging, um Koch und schließlich Küchenmeister zu werden. Seine Lehrjahre führten ihn von Bayern über Wien, viele Jahre nach Übersee und schließlich zurück in die Alpen. Wie fühlte sich die Rückkehr nach 20 Jahren an?
„Wir sind hier in Krün toll aufgenommen worden und glücklich über so eine gute Nachbarschaft“, bestätigen sie. Das Familienglück folgte nach den Strapazen des Umbaus im März 2018: Der kleine Karl kam zur Welt, genau am Ruhetag! So als wüsste er, dass hier viel zu tun ist. Während Lydia erzählt, arbeitet sie nebenbei wie selbstverständlich, macht Kaffee, räumt auf, erneuert den Blumenschmuck. Der Sohnemann sitzt zufrieden mitten im Gastraum auf seinem Hochstuhl und schaut zu. Dass er extrem brav und gut gelaunt ist, glaube ich gleich.
Vom Hüttenwirt bis Claudia Schiffer
Die Gäste der Krüner Stub’n sind Einheimische wie die Wirte der Auhütte ebenso wie Urlaubsgäste, ja gelegentlich auch Promis wie Claudia Schiffer etwa. „Die guten Häuser in der Alpenwelt schicken uns immer wieder Gäste“, erzählt Lydia. Dazu kämen runde Geburtstage, Weihnachtsfeiern oder – typisch für die Region – Jahrgangsfeiern.
Dass hier nichts 0815 ist, spricht sich herum. Die frische Zubereitung, auf die Max schwört, brauche natürlich seine Zeit. Meist würden die Gäste das schätzen. So wie neulich zwei ältere Damen, die eine Woche lang täglich kamen. Als der Laden brummte und sie etwas warten mussten, meinten sie entspannt: „Wir ham doch Zeit, wir sind im Urlaub“. Doch ist extrem viel Andrang, stößt Max mit „à la minute“ an seine Grenzen. Beim Krüner Almabtrieb etwa lief es nicht so rund. 70 Leute kamen auf einen Schlag und wollten schnell essen. „Das muss ich nächstes Jahr besser machen“, räumt er ein. Bei der Qualität hingegen gibt es keine Kompromisse.
Traditionelles mit Pep
Max konzentriert sich auf Traditionelles, das er neu kombiniert. Kalbszunge mit Birnenwirsing und Grießknödel zum Beispiel. Das kommt gut an. Und weil Max alle sechs Wochen Neues auf die Karte setzt, will er heute wieder mal etwas Neues ausprobieren: Kürbis-Ravioli – pur für Vegetarier oder mit Hirschrücken, aus Oberammergau wohlgemerkt. Denn Regionales verarbeitet er oft und gerne.
Los geht‘s: Max rollt den Teig dünn aus, schwärmt von dessen Geschmeidigkeit dank der Kartoffeln, würzt den geschmorten Kürbis und brät das Hirschfilet kurz an. Während die Ravioli köcheln, wird Wein bestellt und der Konvektomat angemacht. „Siri, stell den Timer auf elf Minuten!“, befiehlt Max dem Sprachassistenten seines Handys. „Der ist eine große Hilfe und mein ständiger Begleiter“, meint er. Im Hintergrund schäkert Lydia mit Karl und spielt mit ihm Hoppe-Reiter, bevor sie ihn zum Mittagsschlaf hochbringt.