Blog Archiv 2017 - von Andrea Schmölzer
Ein Besuch auf der Auhütte
Frisches Holzofenbrot – und was für eins! Doch das ist nur einer der Geheimtipps für Feinschmecker. Wer Hausgemachtes und Regionales liebt, ist bei den Wirten der Auhütte und Fischbachalm goldrichtig.
Frühmorgens schürt Beate den kleinen Ofen vor der Auhütte ein und verarbeitet 12 Kilogramm Mehl zu Sauerteig. Bis der Ofen die ideale Hitze und der Teig gerastet hat, haben wir etwas Zeit zum Frühstücken und Ratschen (bayerisch für Plaudern). Vitus, Martls treuer Hund, posiert stolz an seinem Stammplatz neben unserem Tisch, fast als möchte er mir den weiten Ausblick zeigen. Jaja, Vitus, ich seh‘s schon: Das Isartal und die Wettersteinkette samt Alp- und Zugspitze liegen vor uns. Schwer zu toppen.
Die Hüttenwirte Beate und Martl sind seit dem Jahr 2000 jeden Sommer auf der Auhütte. Seit etlichen Jahren wird das duftende Holzofenbrot mit der krossen Kruste gebacken. Einfach so?
Heißt, sie hatten einfach Lust. Also machten die beiden sich schlau, welcher Ofen am besten sei, probierten Sauerteigrezepte und legten los. Aus dem Holz einer alten Futterkrippe baute Martl ein kleines Häuschen rund um die Schamottsteine des direkt befeuerten Ofens. Eine Elster – von Martl selbst präpariert – wacht über der Ofentür. Beate zeigt stolz auf die alten VW-Räder und die Anhängerkupplung. „So können wir ihn mit auf die Fischbachalm nehmen. Das ist praktisch, dann müssen wir zum Brot kaufen nicht ins Tal.“ Die Fischbachalm auf 1400 m Seehöhe ist die Hochalm auf halbem Weg zum Soiernhaus. Dorthin ziehen Beate und Martl im Hochsommer. Samt 50 Stück Vieh und Pferden … und dem Ofen! Davor – etwa Mitte Mai bis Juli – und danach – etwa Mitte September bis Kirchweih – leben und arbeiten Beate und Martl hier auf der Auhütte, dem „Niederleger“, 15 Fußminuten vom Isarsteg in Wallgau .
Martl nimmt mich mit zur Viehweide unten an der Isar . Auf seine Rufe hin kommen die Rinder hinter den vielen Weidenbüschen hervor, gierig stecken sie ihre Schnauzen in den Futtereimer. „Das sind Murnau-Werdenfelser“, sagt Martl und deutet auf einige kleinere, braun-schwarze Kühe. Später treffen wir auch die Rösser. Wegen ihrer Weide trägt die Auhütte seit etwa 1540 übrigens auch den Namen „Rosshüttle“. Gleich hinter der Hütte hält Martl zwei Schweine, Resi und Rosi. Er ist nicht nur erfahrener Gemeindehirte, sondern auch leidenschaftlicher Jäger. Die Herren von Luxemburg oder sein eigener Bruder nehmen ihn gerne mit auf die Jagd ins Karwendel ; Das Wild kauft er Ihnen dann direkt ab. Der gebürtige Mittenwalder kann auch Wild präparieren, hält Hütten und Weiden in Schuss, spielt Gitarre, singt und kocht. Dass er obendrein das Metzgerhandwerk gelernt hat, ist ein Glück – vor allem für die Gäste. So gibt es auf Auhütte und Fischbachalm hausgeräucherten Speck, würziges Carpaccio vom Hirschschinken und Wildbratwürstel, Rucksacksalami oder Gamsknacker. Dazu kommen feiner Bergkäse, den Beates Schwester von ihrem Bauernhof liefert, und Liköre, etwa von Zwetschgen oder Bratapfel. All diese Spezialitäten kann man auch mitnehmen, und Beate arrangiert sie auf Wunsch liebevoll zu einem „Schmankerlkorb“.
Doch jetzt ist erstmal genug geratscht! – Der Ofen ist heiß genug. Höchste Zeit für die Hüttenwirtin, die glühende Asche herauszunehmen und in die Ofenlade zu befördern.
Es zischt gefährlich, als sie die brütend heiße Backfläche energisch sauber wischt. Die ersten Gäste sehen interessiert zu. Unglaublich, wie geschickt sie ist.
Bis das Brot Beates Aufmerksamkeit wieder braucht, sind ihre fleißigen Hände überall. Gemeinsam mit Hilfskraft Waltraud serviert sie, plaudert mit den Gästen, schneidet Brot auf, verpackt einen Schmankerlkorb und geht Martl in der Küche zur Hand. Der wirbelt gekonnt mit Kochlöffeln, wärmt Sauerkraut, brät Würstel, zerteilt und zuckert Kaiserschmarrn. In all dem Trubel wirken beide konzentriert, aber entspannt, sie lachen, erzählen. Und mir scheint, sie lieben sehr, was sie tun.
Dann ist der Sauerteig „ausgerastet“ und wird noch einmal geknetet. Beates Hände fliegen nur so übers Nudelbrett und formen runde Laibe. Die landen mit Schwung in den bereitgestellten runden Körbchen, jeder Handgriff sitzt. Es riecht ein bisschen säuerlich und würzig. Einmal noch kurz rasten, bevor‘s ab in den Ofen geht.
Auf der Auhütte gibt es Kaiserschmarrn und viele weitere Schmankerl
Ich nutze die Pause, um mich an der Auhütte umzusehen. Die Terrasse ist mittlerweile gut gefüllt: Wanderer, Radfahrer, Spaziergänger. Sie bestellen alles Mögliche, von der Almtorte bis zum Brotzeitteller. Begeisterte Rufe, als Beate mit drei Kaiserschmarrn um die Ecke kommt. Hinter der Hütte begrüßt eine Frau die beiden Schweine Resi und Rosi, die aus ihrem mit Herzchen beschilderten Anhänger in den Freilauf traben. „Schön habt Ihr’s hier“, meint sie anerkennend. Drinnen in der hellen hölzernen Stube, zwischen Garderobe und Hirschgeweih, baumeln Wollmützen in allen Farben an einer Wäscheleine. Beates Werke. „Die häkel ich im Winter“, erzählt die gebürtige Huglfingerin. Drüber ein Auerhahn, drunter ein Korb mit vakuumverpackten Würsten, Käse, fein säuberlich beschriftet. Daneben eine Gitarre, gegenüber der grün-weiße Kachelofen.
„Komm, jetzt wird’s Brot eing‘schossen“, ruft mir Beate zu. Auf einem Tisch vor dem Ofen legt sie sich ein Gefäß mit Wasser, Pinsel und zwei Brotstempel zurecht. Alle Laibe tragen das Kringelmuster der Körbchen und werden mit „IHS“ Stempel versehen, mit Gottes Segen sozusagen. Nun nimmt Beate sie auf den Brotschieber und ab in den Ofen! 230 Grad zeigt das kleine Thermometer an, gebacken wird bei abfallender Temperatur.
Ringsherum lauern die Gäste mit gezückten Kameras und Handys. Sie fragen, wie und wann man das Brot bestellen kann, und nach den Zutaten. Die verrät Beate gerne: Roggen- und Weizenmehl aus dem Getreide regionaler Bauern, Kartoffelflocken, Hefe, etwas Buttermilch, Brotgewürz, Salz und Wasser.
Die Außentemperatur, das Holz, ja sogar, wann zuletzt gebacken wurde, würden das Backergebnis beeinflussen. Es schmeckt natürlich auch anders als herkömmliches Brot, „hält länger frisch“, sagt Beate, „und ist kompakter: Nach einem Brot bist du satt“. Das teste ich gleich, während die Brote backen, und genehmige mir ein Brot vom letzten Backtag. Nur mit Butter und Salz, hmmmm!
Nach dem „Umschießen“ zur Halbzeit (die Brotlaibe werden umgeschichtet, weil der Ofen hinten heißer ist) und einer guten Stunde Backzeit ist es soweit. Längst weht der Duft von frischem Brot mit leichter Kümmelnote um die Auhütte. Ruck-zuck hebt Beate die sechs Laibe heraus. Zwei Einheimische und eine Urlauberin warten schon sehnsüchtig auf ihre zwei bis zweieinhalb Kilo schweren Laibe. Stammkundschaft, die auf das würzige Brot schwört.
Zum Abschied fülle ich meinen Rucksack voll Würstl, Käse und Bratapfellikör. Den warmen Laib nehm‘ ich in die Hände, und mit frischem Brotduft um die Nase geht‘s zurück durch die Isar-Auen. Bei meinem anschließenden Besuch beim Beernbauern in Krün probiert Tochter Vroni neugierig das Brot. Sie bäckt nämlich selber, mit eigenem Holzofen am Barmsee. „Mmhh, ist des guad“, lobt auch sie anerkennend. Das gebe ich gern weiter: Bravo, Beate!
Wissenswertes & Informatives
Beates Brot kann man telefonisch vorbestellen. Hier geht’s zu Öffnungszeiten und Kontaktdaten der Auhütte bei Wallgau und weiteren Hütten in der Alpenwelt Karwendel .