Blog Archiv 2018 - von Andrea Schmölzer
Zode´s Gespür für Schi
Simon Witting – auch „Zode Sima“ nach seinem Hausnamen genannt – hat ein Faible für Schi. In seiner Mittenwalder „Schirurgie“ baut er mit Geschick, wovon viele träumen: handgefertigte Holzschi mit sehr persönlicher Note. Wie er dazu kam und mehr, verriet er mir in folgendem Interview:
Wie bist Du auf die Idee gekommen, selbst Skier zu bauen?
So um 2000, als das Carven angefangen hat, hab ich mir damals gedacht: „Das sieht ja aus, als hätt einer in d’Hosn g’macht.“ Und so bin ich eigentlich zum Telemarken gekommen, das ist für mich die schönere Art Schi zu fahren. Alles ist irgendwie rund, wie beim Radln. Doch damals gab es kaum richtige Telemarkschi. Die müssen ja weicher sein, sonst plagt man sich. Also hab ich sie selbst gebaut.
Einfach so?
Naja, das Bauen und immer wieder die gebauten Schi testen war schon eine langwierige Sache, erst Jahre später hab ich die „Schirurgie“ und den Reparaturservice auch für andere geöffnet.
Nach einer chirurgischen Arztpraxis hat bei mir mal ein Lieferant gesucht, der mir eine Hobelmaschine liefern sollte. Der hat sich gewundert, warum man in einer Chirurgie eine Hobelmaschine braucht…
Was braucht man als „Schirurg“?
Eine warme Werkstatt mit Schreinerausrüstung, die hab ich bei mir im Keller. Dort stehen Fräse, Hobelmaschine, Kleber, Lacke und weitere Baumaterialien. Spezialwerkzeuge, wie Fräslehren, Halterungen oder den Tisch zum Kantenbiegen hab ich einfach selber gebaut, so wie ich es brauch. Und dann brauchst natürlich noch Holz. Der Kern der Schi ist bei mir immer aus Holz, das hat einfach die besten Eigenschaften, jeder gute Rennschi hat ja auch einen Holzkern. Außerdem braucht man noch Spezialteile, wie die Wangen für die Seite und andere Dinge. Das spielt es mir in die Hand, dass ein Freund von mir einen Ski-Baumarkt hat, der kann jedes Material besorgen. Selber mitbringen muss man ein bisschen Erfahrung, auch um den richtigen Montagepunkt der Bindung zu finden. Ich merke bei Reparaturen und Service oft, dass manche Schi falsch montiert sind.
Und natürlich auch handwerkliches Geschick?!
Ja, genau. Ich bin gelernter Kunstschlosser und hab dann über 20 Jahre in einer Zimmerei gearbeitet. Ich arbeit einfach gern mit Holz, des is immer a saubere Sach.
Wie viele Skier baust Du im Jahr?
Kommt ganz auf den Winter
drauf an und ob die Leute Lust zum Schifahren haben, das ist jedes Jahr recht unterschiedlich. Mittlerweile gibt es viele, die ihre Schi selber bauen, die Nachfrage bei mir geht daher a bissl zurück. Für mich ist der Schibau eher ein Nebenerwerb. An einem Paar Schi arbeite ich so zwischen 25 und 30 Stunden. Die günstigsten kann ich so ab 700,- € anbieten, je nach individuellen Wünschen der Kunden variiert der Preis dann.
Meine Schi kann man mit allen Arten von Bindungen fahren, ich orientier mich am modernen Schibau. Fünf Paar meiner handgemachten Holzschi fahr ich aktuell selber, darunter einer meiner breiten „Powderschi“, der eine Schaufelbreite von fast 20 cm hat. So ein Holzschi ist gleich mal ein Blickfang wennst unterwegs bist.
Wer sind Deine Kunden, vielleicht bald der Streif-Sieger Thomas Dreßen – ebenfalls Mittenwalder?
(lacht) Naja, meine Schi sind Allround-Schi, einen Rennschi kann ich nicht bauen. Meine Kundschaft ist total bunt gemischt. Da gibt es zum Beispiel eine Dame in Hamburg, die historisches Schigewand schneidert und einen passenden Schi bei mir bestellt hat. Im Gegenzug hat sie mir eine Retro-Knickerbocker gemacht, die trag ich beim „Nostalski-Rennen“. Für den Ort Maria Alm hab ich Schispitzen für den „Walk of Fame“ gemacht, die erinnern an die Erfolge von Benni Reich und Marlies Schild. Auch eine Leichenteil-Präparatorin von der Ostsee ist dabei. Aber die meisten Kunden sind gute Schifahrer aus Mittenwald und der Region wobei der jüngste 15 und der älteste 70 Jahre alt ist.
Und die haben Extrawünsche?
Ja schon. Eigentlich kann ich aus fast allen Hölzern Schi bauen. Manche Kunden bringen eigenes Holz mit, einer sogar Lärchenholz, welches als Hartholz nicht unbedingt ideal ist. Andere wollen die Geburtsdaten ihrer Kinder drauf haben oder sonstige Verzierungen und Muster. Eine wollte eine 20 Jahre alte Dammkar-Liftkarte drauf haben, die hab ich unter durchsichtigem Belag eingearbeitet. Die Liftkarte war elf Mal abgezwickt. Elf Mal an einem Tag Dammkar fahren (die Skiroute der Mittenwalder Karwendelbahn, Anm. der Redaktion) – das ist sportlich!
Beruf, Skibau, Familie … - bleibt da noch Freizeit?
Wenn von draußen die Sonne in die Werkstatt reinschaut, ist’s im Keller nimmer schön. Ich hab ein paar Freunde, die dann anrufen und sagen: „Hauen wir ab!“ Meine Leidenschaften sind Dammkar fahren und Skitouren gehen
. Letzten Winter habe ich zum Beispiel mit einem Freund die Silvretta durchquert. Sich ein bissl plagen mit dem fast 30 kg schweren Rucksack samt Steigeisen, das taugt mir ab und zu.
Im Sommer kümmer ich mich um eine kleine Landwirtschaft am Kranzberg. Da hab ich knappe vier Hektar Buckelwiesen
zu mähen. Das Heu kriegen die Rösser vom Wirt des Gasthofs Alpenrose in Mittenwald. So bring ich dann die Zeit bis zum nächsten Winter schon rum…
Was ist Skifahren für Dich?
Eine Leidenschaft. Letztens sind wir den ganzen Tag Tiefschnee gefahren. Da sind die Gedanken frei, man kann super abschalten. Im Frühjahr bin ich viel mit dem „Rale“ (Mountainbike) unterwegs – zum Beispiel im Birkkar oder Neunerkar. So verlängere ich die Schisaison, weil hinten raus find ich’s am schönsten. Zum Telemarken ist der Firn im Frühjahr ideal. Dann ist’s so warm, dass du am Gipfel gschmachig eine Halbe Bier trinken kannst.
Weitere Informationen und Kontaktmöglichkeiten finden Sie unter: www.holzskibau.de