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Manfred bei der Arbeit in den Buckelwiesen, © Alpenwelt Karwendel | Andrea Schmölzer
Wiesmahd-Freuden

Blog Archiv 2016 - von Andrea Schmölzer

Heilende Kräuterkissen aus der Alpenwelt Karwendel

Ich packe mein erstes Kräuterkissen mit duftendem Heublumen aus und versenke meine Nase drin. Einatmen – hmmm, das duftet. Sofort springt mein Kopfkino an, Film ab für meinen morgendlichen Ausflug in die Buckelwiesen!

Die Regenwolken der Nacht ziehen langsam ab, wabern noch um Karwendel und Wetterstein , als ich bei dem kleinen Stadel unterhalb der Goasalm ankomme. Dahinter steht ein altes BMW-Motorrad. Die bunten Wiesen sind noch feucht, duften. Hier zwischen Krün und Mittenwald warten Inge und Manfred „Muggi“ Schmidt auf mich. Er hat sich hier vor Jahrzehnten seinen Lebenstraum – ein Wiesmahd – erfüllt, sie packt genau das Heu, das er mäht, in herrlich duftende Kräuterkissen.

Manfred Schmidt mäht seine Buckel mit der Sense, © Alpenwelt Karwendel | Andrea Schmölzer

Das „Wiesmahd“ –  ein kleines Paradies

Lächelnd und leicht verschwitzt kommt Muggi Schmidt mit seiner Sense vom Hang herunter zur „Kochhütte“. Das alte Hütterl aus 1897 diente früher zu Wiesmahdzeiten als Küche. Geschlafen wurde im Heustadel nebendran. Die Wege waren einfach zu weit, um wie heute mehrmals herzukommen. Also fuhr man mit Sack und Pack zur Mahd, und lebte so lange draußen bei den Buckelwiesen, bis das Heu trocken im Stadel war.

Das frische Heu verarbeitet Inge Schmidt mit viel Liebe zu duftenden Kräuterkissen, © Alpenwelt Karwendel | Andrea Schmölzer

In der kleinen Hütte gibt’s jetzt Brotzeit: frischer Kaffee, Brot mit Leberkäse, Kuchen. Die Schmidts haben die heruntergekommene Holzhütte liebevoll renoviert und gestaltet, mit Wurzeln und Blumenkästen, mit persönlichen Erinnerungsstücken, Amüsantem und Praktischem. Zum Beispiel das Dengel-Eisen, das in einen kleinen Fels eingelassen ist. Daran werden die Sensen wieder in Form geklopft. Oder der kleine Fichtenast an der Fassade, der als Barometer dient. Manfred Schmidt steckt seine Pfeife an und öffnet die Klappe zu einem kleinen Erdkeller, um ein kühles Weißbier herauszufischen. Sie erzählen.

Manfred bei seinem speziellen Dengel-Stein, © Alpenwelt Karwendel | Andrea Schmölzer

Des Wiesmahd ist halt seins, er ist koa Typ, der stundenlang vorm Computer hängt. Er maht, geht Schwammerl suchen oder sitzt auf dem Radl.
Inge Schmidt über ihren Mann Manfred

Ja, der pensionierte Heizungs-Installateur ist für sein Alter bewundernswert fit. Muss er auch sein: Rund 1,5 Hektar umfasst sein Grundstück, alles mäht er mit der Sense, das Meiste allein, einige Freunde helfen sporadisch mit. Manfred Schmidt genießt „die Ruhe um Fünfe in der Früh, den Sonnenaufgang. Heute waren zwei Rehe da.“ Dann von morgens um Sechs bis etwa Neun wird gemäht, gut aufgebreitet, um Drei nochmals gewendet. Um fünf Uhr Nachmittag ist meist alles trocken und wird mit der „Bloch’n“, einem riesengroßen Tuch, in den Heustadel getragen.

Manfred „Muggi“ Schmidt mäht seine Buckelwiese noch traditionell mit der Sense, © Alpenwelt Karwendel | Andrea Schmölzer

Handarbeit für den Erhalt der Landschaft

Der Grundstücksnachbar nutzt hingegen einen Balkenmäher. „Da schaffst in der gleichen Zeit dreimal so viel wie mit der Hand, aber du kimmst ned in die Mulden“, sagt Schmidt. Den Unterschied sehe ich gleich: Die Maschine hinterlässt Streifen auf den buckeliger Wiese. Aber Hauptsache es wird gemäht. Wieder oben am Hang zeigt der braungebrannte Hobby-Bauer auf die weiten Wiesenflächen rings ums Isartal : „Sonst wär das hier alles zu“. Die Sense zischt rhythmisch durch die Wiese, alle paar Minuten zieht „Muggi“ den Wetzstein aus seiner Lederhose und schärft in Ruhe seine Sense. Dann deutet er auf die Wälder am Kranzberg und in Richtung Wallgau : „Auch das waren früher alles offene Wiesen.“ Zwar gibt’s für die Mahd Geld vom Staat. Nur deswegen mäht jedoch wohl keiner die Buckelwiesen. 800 Euro erhält Schmidt für seine Landschaftspflege – ein bescheidener Lohn!

„Mit Wetzstein und Lederhose“ ist Manfred Schmidt in seinem Wiesmahd unterwegs, © Alpenwelt Karwendel | Andrea Schmölzer

Für die Schneid - Die Sense wird mit dem Stein gewetzt , © Alpenwelt Karwendel | Andrea Schmölzer

Ziegen und Schafe bewahren andere Flächen um Mittenwald, Krün und Wallgau davor, zuzuwachsen. „Offen halten“ nennt das der Fachmann. Es gibt „einmahdige“ und „zweimahdige“ Wiesen; Die Buckelwiese der Schmidts ist ersteres.

Kräuterkissen – das Beste aus der Natur

Strenger Naturschutz verbietet, diese „Magerwiese“ – ein unlogischer Name für diese üppig blühende Pracht! – zu düngen und erlaubt nur einmal im Jahr zu mähen. „Die erste Mahd blüht schön, die zweite nimmer“, sagt Inge Schmidt. Gerade deshalb sind ihre Heukissen eine naturheilkundliche Kostbarkeit: Arnika, Bergwiesen-Frauenmantel, Schafgarbe, Akelei, Thymian, Augentrost… – unzählige Kräuter, Gräser und Heublumen gedeihen hier und bringen selbst erfahrene Botaniker ins ungläubige Schwärmen. „Durch die Körpertemperatur setzen die Kräuter ihre Wirkung frei“, erklärt die Wallgauerin. „Viele nehmen ein Kissen bei Gelenk- und Rheumaschmerzen her. Kindern hilft es super gegen Ohrenschmerzen.“ Eine ihrer Turnkolleginnen hat das Kräuterkissen gegen Migräne benutzt, der Mann ist Allergiker. „Zwei Nächte hat er niesen müssen, dann nimmer“, bestätigt Inge Schmidt und schmunzelt. Bio-Desensibilisierung sozusagen. Ihr eigener Mann legt sich gerne eins bei Bauchgrummeln auf. „Das beruhigt einfach“, sagt sie. Die Schmidts verkauften das Heu auch an einen Fiaker als Pferdefutter. Der war begeistert und braucht das ganze Jahr keinen Tierarzt.

Inge Schmidt mit dem duftenden Heu für die Kräuterkissen, © Alpenwelt Karwendel | Andrea Schmölzer

Gutes aus der Region für zuhause

Vielen sei die heilende Wirkung aber gar nicht bewusst. Die Hausgäste der Schmidts und viele andere nehmen die Kissen schon allein wegen des herrlichen Dufts als Souvenir oder Geschenk mit nach Hause. „Da riecht das ganze Schlafzimmer.“ Hat so ein Kräuterkissen einmal ausgedient, weil die ätherischen Öle allmählich verpufft sind, empfiehlt Inge Schmidt ein Kräuterbad: „Man legt das Kissen wie einen großen Teebeutel ins warme Badewasser“. Die Heukissen sind übrigens nicht das einzige Produkt, das wir den fleißigen Schmidts und den geschützten Wiesen verdanken. Manfred Schmidt ist auch Hobby-Imker, um die Bienenstöcke beim Heustadel schwirrt es geschäftig. „Muggi’s Honig“ steht auf dem Glas und zeigt ihn mit seiner Pfeife. Ich darf eins mitnehmen.

Abends probier‘ ich gleich einen Löffel vom Buckelwiesen-Honig. Dann pack ich mein Heublumenkissen in eine kleine Stoffhülle und ab damit ins Bett. Ich höre noch, wie die Kräuter bei jeder Bewegung fein knistern, merke wie der leicht süßliche Duft sich langsam ausbreitet. Dann bin ich weg…

Sie möchten auch eines der wunderbaren Heukissen von Inge und Manfred Schmidt aus der Alpenwelt Karwendel? Hier sind die Kräuterkissen erhältlich!

Auf zu den Buckelwiesen!

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